Stellungswechsel â Erotik beim Flensburger Kurzfilmfestival
Wenn es bei den Flensburger Kurzfilmtagen ein Erotik-Sonderprogramm gibt, dann darf man als ORION Blogger natĂŒrlich nicht fehlen. Also machen wir uns am Freitag zu zweit auf den Weg, um die 5 Kurzfilme des Sonderprogrammes „Stellungswechsel“ auf Erotik und Lust zu prĂŒfen. Der Einlass erfolgt ĂŒber die Imagine Bar, die passend zum Thema in rotes Licht getaucht ist und die Zuschauer in Rotlicht-Stimmung bringt â ob das Zufall oder Konzept ist, bleibt eigentlich nebensĂ€chlich. 23:15 Uhr ist es dann soweit: Der Erotik-Filmblock, dem aus Erfahrung die Zuschauer am heiĂesten entgegenfiebern, wird von Moderator Jim Lacy eröffnet. Der bekommt gleich zu Anfang eine ORION GeschenktĂŒte ĂŒberreicht, deren Inhalt dem Publikum prĂ€sentiert wird. Vor allem ein Vibrator in Cupcake-Design, der herumgereicht wird, sorgt wĂ€hrend der ganzen Vorstellung fĂŒr Begeisterung â Kichern und Glucksen in der Menge zeigen immer genau an, wo es gerade vibriert. đ
Die Aufmerksamkeit der Zuschauer ist dann aber doch (hauptsĂ€chlich) auf die Filme gerichtet. Den Anfang macht der kĂŒrzeste Film der Reihe, der den Titel „Gummi“ (3:51 Min.) trĂ€gt â ein „Animationsfilm“ im doppelten Sinne, denn Regisseur Andre Albrecht zeigt uns, wie zwei Liebespuppen ordentlich Gummi geben. đ Da quietscht kĂŒnstliche Haut an kĂŒnstlicher Haut und die Funken fliegen. Bis „Sie“ im Rausch der Lust ein Weinglas umstöĂt und „Er“ von einer Glasscherbe tödlich getroffen wird â da ist natĂŒrlich sofort die Luft raus ist. Als daraufhin ihre Hand zum eigenen Luftablass-Ventil gleitet, macht sich RĂŒhrung im Publikum breit. Doch nix mit Romantik â in der letzten Szene liegt „Er“ schlaff auf dem Bett, wĂ€hrend „Sie“ Ersatz entfaltet hat und eifrig einen Blasebalg tritt â Gummipuppen sind eben auch nur Menschen.
Doch den Zuschauern bleibt keine Zeit, sich von dem Wechselbad der GefĂŒhle zu erholen, denn gleich anschlieĂend folgt der mit 18:37 Minuten lĂ€ngste Film mit dem Titel „Hi! ;-)“ â ein Interview mit Nutzern der Schwulenplattform GayRomeo. Der Streifen lĂ€sst das Publikum ein wenig ratlos zurĂŒck und selbst als der Regisseur Daniel Kulle und einer der Darsteller auf die BĂŒhne geholt werden, wollen keine Fragen aufkommen â vielleicht haben die vielen Penis-Bilder und unverblĂŒmten Anmachen das Publikum verwirrt. Der Film „Zu Dritt“ wird passender Weise als drittes gezeigt, bleibt aber hinter den Erwartungen zurĂŒck, die der Regisseur Frederic Hambalek mit der Beschreibung geweckt haben mag. Ein junges Paar wird kurz nach dem Einzug von einem attraktiven Nachbar mit einem unmoralischen Angebot verfĂŒhrt, nimmt dieses auch an, doch der Zuschauer bleibt bei den vermutlich heiĂen Szenen, die ausschlieĂlich hinter geschlossener TĂŒr stattfinden, emotional auĂen vor. Das Ă€ndert sich auch nicht, als deutlich wird, dass so ein Dreier Eifersucht und noch tiefer gehende Probleme hervorrufen kann, denn da ist der Film auch schon zu Ende.
SpĂ€testens an dieser Stelle hofft man auf einen richtigen Knaller, denn immerhin sind nur noch zwei Streifen ĂŒbrig â und den bekommt man dann auch. Der knapp 15minĂŒtige Streifen „Anti Cupido“ bringt das Publikum mit einem Anti Amor zum Lachen, der im knallengen, rotem Fetisch-Outfit bei Paaren einbricht, die sich auseinander gelebt haben. Doch darf man sich vom Wort „Anti“ nicht irritieren lassen. Auch diese bizarre Figur möchte Liebe verbreiten â nur eben mit etwas ungewöhnlichen Mitteln. Da wird die Peitsche rausgeholt, das Klebeband kommt zum Einsatz, schmutzige Geheimnisse werden gelĂŒftet und am Ende funktioniert die erzwungene ZusammenfĂŒhrung der Paare auf wundersame Weise. Interessantester Tipp des Filmes: Paare, die sich nichts mehr zu sagen haben, mĂŒssen einfach eine Grenzerfahrung gemeinsam bewĂ€ltigen, um sich wieder nĂ€her zu sein. Ob die so ausfallen muss wie in „Anti Cupido“, bleibt dahingestellt. đ Nach dem Film kommt einer der Darsteller â Christof DĂŒro â auf die BĂŒhne und sorgt im Publikum mit seinem humorvollen, charismatischen Auftreten auch nachtrĂ€glich fĂŒr wahre BegeisterungsstĂŒrme.
Dann ist das Publikum bereit fĂŒr den letzten Film des Abends „Please Relax Now“. Im Programmheft wird der 12minĂŒtige Streifen als Experiment angekĂŒndigt und eine Erfahrung der etwas anderen Art beschert uns Regisseurin Vika Kirchenbauer dann auch. Sie selbst hĂ€lt scheinbar nackt, mit Zoom auf das Gesicht, einen englischen Monolog, in dem sie das Publikum zur Masturbation auffordert. Mit ruhiger Stimme versucht sie, die Zuschauer zu ĂŒberzeugen, doch endlich Hand an sich zu legen â sieht ja keiner. Um es noch intensiver zu machen, wird mitten im Film die Leinwand schwarz und nur die eindringliche Stimme schallt durch den Raum. Ob sich wirklich jemand animiert fĂŒhlt, ist schwer zu sagen â gewöhnungsbedĂŒrftig ist dieser Film auf jeden Fall.
Am Ende des Abends haben wir Blogger ganz klar 3 Favoriten: den Moderator Jim Lacy, der mit Charme und Witz die Pausen zwischen den Filmen gefĂŒllt hat, den Anti-Helden-Film „Anti Cupido“ und den umwerfenden Schauspieler Christof DĂŒro, der mit seinem spontanen Interview auf der BĂŒhne bei diesem Sonderprogramm des Flensburger Kurzfilmfestivals die meisten Lacher erntete.